Ein Prockotyp von Wirtshaus

Was wir da an einem ganz normalen Freitag in Maierhofen, im nördlichen Landkreis Kelheim, beim nächsten Stopp unserer niederbayerischen Tafelrunde, erleben durften, ist schon einen ausführlichen Bericht wert. Nicole Meier, Köchin und Wirtin im Gasthof Zum Prock hatte uns einen gemeinsamen Koch- und Genussabend im Frühling 2016 vorgeschlagen, der mehr als ein Dutzend Mitglieder zum Teil von weit herlockte.

Und was sie alles vorbereitet hatte – jedes Fernsehteam wäre begeistert gewesen! Einem ausführlichen Skript mit den Rezepten, die für die Kochenden auch an den einzelnen Stationen der Prock-Küche hingen, hatte sie das berühmte Zitat von Carlo Petrini als Motto vorangestellt:

Ich möchte die Geschichte einer Speise kennen. Ich möchte wissen, woher die Nahrung kommt. Ich stelle mir gerne die Hände derer vor, die das, was ich esse, angebaut, verarbeitet und gekocht haben.

Und genau das brachte sie uns Teilnehmenden im Laufe des Abends näher: was auf dem Bioland-Hof, der dem Gasthof angeschlossen ist, gedeiht. Was von anderen Bio-Bauern der Region dazugekauft wird, welche Sorgfalt auf die Verarbeitung der wertvollen Nahrungsmittel verwendet wird, welche überlieferten Rezepte zur Anwendung kommen. Ihr Mann Stephan, für die Landwirtschaft und den Service zuständig, gab Einblick in die Haltung der auf dem Hof lebenden Tiere: Einer Herde von über 40 Coburger Fuchsschafen, deren Lämmer typischerweise im Winter geboren werden und die länger bis zur Schlachtreife brauchen.

Coburger Fuchsschafe mit Lämmern

Coburger Fuchsschafe mit Lämmern

Oder einer anderen alten Haustierrasse, den Lakenfelder Hühnern. Und auch Gänse leben auf dem idyllischen Hof, sowie Flugenten (die im Französichen als Barbarie-, im Deutschen deutlich weniger appetitlich als Warzen-Enten bezeichnet werden…).

Lakenfelder Hahn und Gans

Lakenfelder Hahn und Gans

Flugenten

Flugenten

 

Und dann ging´s ans Kochen.

Einweisung in die Bio-Küche

Einweisung in die Bio-Küche

Nach der Einteilung fanden alle Köchinnen (und fast in gleicher Zahl: Köche) an den Stationen die Zutaten schon bereitgestellt und abgewogen vor – nach dem klassischen Kochshow-Satz „…ich hab da schon mal was vorbereitet…!“ Schnell wurde aber klar, dass die meisten schon Koch-Erfahrungen mitbrachten und unsere Gastgeberin nicht ständig die einfachsten Handgriffe erklären musste. Je nach Dringlichkeit für die Menüfolge ging es ans Werk. Zum Aperitiv an der heimelig gedeckten Tafel in der gemütlichen alten Küche, in der noch ein alter Holzofen für Wärme sorgt, waren wir bereits von Nicole Meier mit einem Bärlauch-Pesto und einem Kräuterdipp zu hausgebackenem Brot und kleinen Semmeln verwöhnt worden. Das machte natürlich Appetit auf mehr. Nach den gemeinsamen Anstrengungen in der Küche, unter steter – so wachsamer wie gelassener – Supervision der Hausherrin, kamen nacheinander auf den Tisch:

Brennnesseln ganz samtig

Brennnesseln ganz samtig

Eine feine Brennessel-Suppe, deren Basis aus selbst angesetzter Gemüsebrühe mit Kartoffeln schon von Beginn an vor sich hinköchelte, während die jungen Brennessel-Spitzen erst zum Schluss eingemixt wurden.

Danach ein Wildkräuter-Salat mit rosa gebratener Entenbrust und bayerischen Frühlingsrollen. Eine perfekte Harmonie der zarten Fleischscheiben mit dem Mischgemüse im krossen, selbsthergestellten Strudelteig. Und ein mild marinierter Blattsalat mit jungen Frühlings-Wildkräutern, u.a. Pimpinelle, Vogelmiere und Spitzwegerich.

An der Salat- und Kräuter-Putzstation

An der Salat- und Kräuter-Putzstation

Wildkräuter-Salat-Service-Hürdenlauf

Wildkräuter-Salat-Service-Hürdenlauf

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Daraufhin der Hauptakt aus geschmorter Schulter und Schlegel vom hofeigenen Lamm in einem Natur-Jus und einem kernig-nussigen Dinkel-Spargel-Risotto – für alle der erste Spargel in diesem Jahr, vom Keil´schen Bio-Hof auf der Donauinsel bei Bad Abbach.

Lammschultern und -schlegel

Lammschultern und -schlegel

 

 

 

 

 

 

 

 

Lamm, Dinkel, Spargel

Lamm, Dinkel, Spargel

 

 

Den Abschluss bildete ein frischer Kaiserschmarrn mit Apfel-Quitten-Mus aus im letzten Jahr eingelegten Quitten vom eigenen Hof.

Kaiserlicher Schmarrn mit Apfel-Quitten-Mus

Kaiserlicher Schmarrn mit Apfel-Quitten-Mus

Zu Allem gab´s die vorzüglichen Biere der benachbarten Riedenburger Öko-Brauerei Krieger und ausgewählte Weine aus der Pfalz und Österreich.

Wenn es den Prototyp eines Genussführer – Gasthauses nach den Slow Food-Kriterien gut, sauber, fair gibt, dann machte unsere Tafelrunde an diesem Frühlingsabend bestimmt in einem solchen Station:

Ein Prockotyp von Wirtshaus!